Einleitung zu den Propheten und der Prophetie (Prophetenspruch = Prophezeiung)
Schon immer versuchten die Menschen, etwas über ihre Zukunft zu erfahren, und gern wandte man sich um Aus- kunft an
numinöse. d.h. zugleich Vertrauen und Schauder erweckende göttliche Mächte. Die Mittel zur Erkundung der Zukunft unterschieden sich jedoch in den einzelnen Kulturen beträchtlich (Babylon, Ägypten,
Assyrien)...Im Raum Syrien/Palästina schließlich galt als vorherrschende Art der Zukunftserkundung und -kündigung die Gott gewirkte Eingebung begabter Menschen...speziell bei militärischen
Entscheidungen....Der Begriff Prophet - das deutsche Lehnwort ist aus dem Griechischen abgeleitet - ist die Bezeichnung für den Deuter göttlicher Orakel... nach einem bekannten Merkwort ist "Prophet"
(Gottesmann und Seher, in der Frühzeit Israels waren es selbst die Sippenvorsteher) also weniger der "Vorhersager", sondern der "Hervorsager", der in göttlicher Vollmacht seine Zeitgenossen
mit dem jeweils neuen Wort des lebendigen Gottes konfrontiert.
Im Verlaufe von viereinhalb Jahrhunderten stehen sechzehn Propheten, große und kleine, vor den Herrschern,den Priestern und dem Volk Israel und verkünden das Wort Gottes. Die meisten
Propheten fanden zu ihren Lebzeiten keine Anerkennung. Ihre Sozial- und Kulturkritik, ihr Nachweis der Unfähigkeit des Volkes, den Bund mit Jahwe zu halten, und ihre Unheilansagen empörten die Zeitgenossen.
Viele Propheten haben unter dieser Ablehnung sehr gelitten, mehr als alle andere Jeremia.
In der Zeit des Hellenismus spielte die Prophetie dann bald keine Rolle mehr (Vergl. Sach 13), bis die Apokalyptik sie
auf ihre Weise neu belebt hat. Im Neuen Testament finden sich wichtige Merkmale der Prophetie nochmals in einer Spätform zusammengefasst: Johannes der Täufer und teilweise Jesus Christus, dann auch die
"Propheten" in den ersten Jahrzehnten der Urgemeinde (Apostelgesch.2,11,21, 1.Kor.14,1-5). Die Prophezeiung - der Prophetenspruch ist meist in einer bestimmten Form abgefasst: 1. Er beginnt mit der
derzeitigen Situation des Angeredeten (Mahnung, Schelte) und kündet dann Folgerungen für das zukünftige Handeln Gottes an (Heils- oder Unheilsweissagung bzw. Drohwort) und kann schließlich 3. in einer
abschließ- enden Charakterisierung münden (Beispiel 2.Könige 1,6ff)
Neben den Patriarchen und Königen sind die Propheten die markantesten Persönlichkeiten des Alten Bundes. Sie waren
ja die Sprecher Gottes zu seinem Volke, die Verkünder seines Willens für die Gegenwart, seiner Ratschlüsse auch für die Zukunft. das erforderte von den Trägern dieses Heilsamtes einen felsenfesten
Charakter, einen ehernen Mut zu sprechen und auch zu dulden, eine Hingabe an Gott bis zur Selbstaufopferung, eine unbestechliche Liebe zum Volke, die auch Undank und Verfolgung nicht beirren ließ. So gingen sie
meist einsam durchs Leben. So war auch nicht selten die ganze Persönlichkeit dieser Gottesmänner aus dem gesellschaftlichen Leben herausgenommen und in die erhabene Einsamkeit der Nähe Gottes versetzt. Selten
ist bei ihnen ein Familienleben angedeutet, dessen Freuden sie meist verlassen. mussten. Kaum wissen wir etwas von Herkunft und Heimat.
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