Sein geistiges Vermächtnis - "Werk und Werkzeug Gottes"
Verehrter Besucher, werte Surfer-Gemeinde, geschätzte Freunde der Ikonen, liebe Schwestern und Brüder,
Gestatten
Sie mir einige ergänzende einleitende Worte zum besseren Verständnis der nachfolgenden Texte, den grundlegenden Ausführungen, den tiefgehenden und himmel- wärts- greifenden Darlegungen, den
Widerspruch hervorrufenden Thesen, dem sich wandelnden Gedankengutes und den sich verändernden Lebens- und Gottes- Erkennt- nissen, des Gottes-Suchers, des Gottes-Zweiflers, des Dieners und Knechtes
Gottes, des Werk und Werkzeuges Gottes, des demütigen Sünders, des "armen Wurmes", eines besonderen und einfachen Menschen - wie jeder von uns "ein Kind seiner Zeit"...mit all
seinen Stärken und Schwächen - des begnadeten und großartigen
Ikonographen Alexej Alexandrowitsch Saweljew,
die wir überschrieben haben mit "Sein geistiges Vermächtnis". "Es wird schwierig sein für die
Menschen heute, hier in der westlichen Welt dies zu begreifen, ja überhaupt zu ver- stehen, dazwischen liegen 700 Jahre - ein tiefer Graben...", so Alexej Saweljew. "Wer kann schon etwas
mit den Begriffen wie verklärte Welt, Mysterien, Weihe, Gottes Anwesenheit usw. hier und heute etwas anfangen, etwas verbinden?" "Gott ist Leben - Gott ist Liebe - Liebe ist Leben - ohne Gott gibt es kein Leben - ewiges Leben -...keine Kultur!" , so dachte, so lebte und arbeitete er seit 1983 zurückgezogen, sehr bescheiden, in gewisser Hinsicht wie ein "Eremit der Neuzeit"
(aus unserer Sichtweise). Als Außenseiter, Sonder- ling, Staatenloser, zeitweise als großer- einmaliger Ikonenmaler, als "Drausländer mit russ- ischer Seele" bewundert, gemieden,
geschätzt, missverstanden, geachtet, verspottet, provozierend, kraftvoll, verständnislos, weichherzig, feurig, zweifelnd, scharfsinnig und -züngig, voll geistigem herzlichem Humor, mit
glänzenden und matten Augen wie ein "Pfahl im Fleische", wie ein Gänseblümchen am Wegesrand oder ein Edelweiß am Felsgestein mitten unter uns im idyllisch gelegenen kleinen Dorf
(Stadtteil) Kautenbach, das eingebettet ist in eine herrliche Naturlandschaft. So verband ihn auch eine besondere Liebe (Sprache, Verständnis, Empfindungen, Tun) zu den Tieren, den Blumen, zur
Schöpfung Gottes oder zum "Atelier der Schöpfung". Das Schreiben der Ikonen war für ihn eine liturgische Handlung, es war ein Gottesdienst, eröffnet und beendet mit einem Gebet. Ohne
eine Beziehung (Symbiose) zu dem Darge- stellten konnte er keine – seine - Ikone nicht schreiben. Er konnte stundenlang - ohne Befriedigung leiblicher Bedürfnisse - seine Besucher empfangen,
engagiert mit ihnen diskutieren,, ja emotional streiten, provozieren, ja, auch vor die Tür setzen...die geistige Tür vor den Kopf schlagend - geduldig den Fragen sich stellen... Diese sichtbare
tiefe und starke Gläubigkeit und Gottesliebe, diese spürbare innere Zerrissenheit befähigten ihn, ja begnadeten ihn diese einmaligen, wunderschönen heiligen "Neuen Ikonen" zu
schreiben, das Evangelium in dieser Weise an die Menschen , an uns weiterzugeben. Er war von einer geistig endlos scheinenden Liebe, die er aber selbst in seinem irdischen Leben nur widersprüchlich
erfahren durfte oder letztlich als menschliche Enttäuschung erleben musste, was vielleicht sein Wesen, sein Verhalten, sein Tun mitgeprägt haben. In den letzten Jahren seines Lebens war er
voller Angst und Zweifel (bedingt auch durch seine Krankheit und sein Umfeld) bezüglich des Fortbestehens des Ikonenzentrums (nur barocke, materialistische, unwürdige Menschen im Umfeld). Es ging
soweit, dass er sich gezwungen sah, das "Lebende Ikonenzentrum" zu zerstören ("man macht mich zum Mörder"), um es zu retten. Doch der Heilsplan Gottes sah etwas anderes
vor...wie er noch vor seinem Tode -friedvoll- erkennen durfte! Seit den 60iger Jahren war es sein Lebensziel, eine Ikonenschreibschule einzurichten, zum erlernen der "alten Technik" zum
Schreiben dieser "neuen modernen Ikonen". dies ist gescheitert. Sein Lebensziel war es, ein "Lebendes Ikonenzentrum" mit diesen wundervollen Ikonen zu schaffen, d.h. die Ikone
nach Deutschland, nach Westeuropa zurückzubringen, was er mit Gottes Hilfe vollbracht hat. Sein Lebensziel in den letzten Jahren war es, nachdem das Ikonenzentrum für ihn errichtet war (Darstellung
der wesentlichsten Bausteine und Bau- meister der einen von Jesus Christus gegründeten Kirche), eine Schrift über das Wesen und die Bedeutung sowie den Gebrauch der Ikone im Kontext mit Gottes
Gnade und Liebe für uns Menschen herauszugeben, was ihm nicht mehr gelang, nicht sein sollte. Am Ende seines Lebens ("es ist jetzt für mich die Zeit des Sterbens gekommen",
(27.12.1995) war er - wie erwähnt- mit sich, seinem Umfeld und Gott versöhnt - doch die "vereidigten Ärzte" ließen ihn nicht in diesem Frieden sterben bzw.
´"weiterleben". Die Gestaltung des Grabsteines (orthodoxes Urkreuz) und die Inschrift hat er als "letzten Willen" -nebst Finanzierung- hinterlassen: "Betet für den
Gottesknecht" (Grabstätte auf dem Friedhof im Stadtteil Wolf/Traben-Trarbach). Viele Menschen, die ihn begleitet haben, die ihm begegnet sind, Bewunderer wie Kritiker, ja selbst Freunde,
haben sich in den letzten Jahren von ihm oder er von ihnen abgewandt. Nur ganz wenige sind dankbar geblieben, ihn kennen gelernt zu haben. Wir - insbesondere meine Wenigkeit - sind
mit Dank erfüllt, dass wir ihm begegnet sind, ja, dass ich ihn noch vier Jahre begleiten durfte. Er hat mir manche geistige Tür geöffnet (und mit Sicherheit auch vielen anderen Mitmenschen),
manches "Ja - Aber" wurde zum schlichten unwiderruflichen "JA- was, wie, wer, wann sonst!" Er war - so wie auch hier der Lebenslauf vieler ausgewählter oder berufener Menschen
zeigt (s. Heilige Ikone)- ein be- sonderer Mensch, ein Gottes-Sucher und Gottes-Diener (...und allzumal menschlich), der etwas "Großartiges und Einmaliges -Göttliches" geschaffen und uns
hinterlassen hat. Auf diesem Hintergrund veröffentlichen wir das vorhandenen originale Schriftgut des Ikonographen Alexej Saweljew, wohlwissend, dass wir damit auf Widerspruch, Ablehnung, auf
geteilte Zustimmung wie Bewunderung stoßen werden, dass diese Samenkörner nicht überall auf fruchtbaren Boden fallen, die Worte und Bilder nicht überall zu Fleisch und die Früchte vielen nicht
munden werden, dass die Schönheit und Farbigkeit der Blüten nicht jedermanns Auge und Herz erfreuen werden, dass das göttliche Licht leuchten wird aber die Dunkelheit vielerorts auch weiterhin
nicht durchbrechen wird,...doch beseelt von der "immer-grünen" Hoffnung und dem zeitlosen Vertrauen auf die Gnade und Liebe des Dreieinigen Gottes.
Günter Oberle, August 2001
|